Weniger ist mehr – trifft dieser Spruch auf sämtliche Lebenssituationen zu?
In unserer stark Leistungs- und Konsum orientierten Welt wird permanent der Eindruck vermittelt, dass man mehr braucht.
Mehr Kleider im Schrank, dieser platzt eigentlich schon aus allen Nähten, aber wir wollen mehr;
Mehr Auswahl im Supermarkt, auch bitte noch nach 20 Uhr sollen die Regale möglichst gefüllt sein;
Mehr Dekoartikel für unsere Wohnung, auch wenn z.B. die Weihnachtskiste schon voll ist;
Mehr Follower in den sozialen Netzwerken;
Mehr Geld…
Trifft das mit dem Mehr-Haben auch auf Freunde zu? Ich höre schonmal: Du hast so viele Freunde, das ist toll!
Ja, das ist auch toll. Ich erinnere mich an einen Spruch meiner Mutter: Eines der wichtigsten Dinge im Leben sind Freundschaften, die muss man unbedingt pflegen.
Denn Freunde sind da, wenn man sie braucht.
Das hört sich danach an, dass man nicht genug Freunde haben kann…
Doch was ist überhaupt Freundschaft? Freunde kennen uns in jeder Lebenssituation, halten in schwierigen Zeiten zu uns , wir können mit ihnen lachen und vertrauen ihnen alles an.
Also, wieviele von solchen Freunden haben wir? Bei den meisten Menschen werden das kaum mehr als eine Handvoll sein.
Bei mir ist das auch so. Denn viele meiner Kontakte sind einfach liebe Bekannte. Ich feiere und lache auch mit ihnen, aber niemals fühle ich mich mit ihnen so „Zuhause“ wie mit meinen Freunden.
Denn ganz klar, Qualität geht auch hier in diesem ganz wichtigen Bereich vor Quantität.
Freundschaften pflegen, das Wort pflegen ist dabei interessant. Ich kann meine Kontakte „pflegen“, aber die Pflege echter Freundschaften ist eine viel intensivere Angelegenheit. Die Pflege von Freundschaften im 2stelligen Bereich ist schwer möglich und kann sogar Stress auslösen.
Jeder Freund möchte und braucht schließlich unsere Aufmerksamkeit, welche mit Zeit und Energie verbunden ist. Und diese kann man nur in einem begrenzten Umfang geben.
Wenige intensive Freundschaften tragen zu einem glücklichen Leben bei, das belegt unter anderem eine viel zitierte amerikanische Langzeitstudie.
„Früher war alles besser“ noch so ein Spruch, in dem ich persönlich „alles“ durch „manches“ ersetzen möchte. Zu Zeiten der Kindheit meiner Oma hatte man ein Sonntagskleid, das wurde an jedem Sonntag getragen und es war etwas Besonderes. Meine Oma pflegte immer zu sagen: „Als Kinder hatten wir nicht viel, aber wir waren glücklich.“
Und früher hatte man eine Weihnachtskiste, da waren immer die selben Sachen drin, die wurde jedes Jahr mit Spannung und Freude vom Speicher geholt und ausgepackt.
Genau das habe ich als Kind geliebt. Rituale, die sich zu jedem großen Fest wiederholten mit immer den selben Dekoartikeln.
Das gibt uns einen stabilen Rahmen. Den brauchen nicht nur Kinder.
Dafür müssen wir nicht unbedingt das gute alte Sonntagskleid wieder einführen, aber ein paar kleine einfache Sonntagskleid-Momente in unserem Leben wieder zu kultivieren, tut gut.
„Weniger ist mehr“ ist also auf viele Lebensbereiche anwendbar. Das finde ich absolut entspannend.